How to be a Metalstar? Teil 2

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Denkt ihr darüber nach, mit eurer Metalband durchzustarten? Wollt ihr Berufsmusiker werden? Lohnt sich das? Und wie geht das überhaupt? An was müsst Ihr alles denken? Wie wird man überhaupt Musiker? Fragen über Fragen, die wir euch in einer Interviewreihe beantworten wollen. Ungeschönt und ehrlich.

Den Anfang macht Daniel Priegnitz, Vocal Coach, Metalgesangslehrer und Stimmforscher.

Teil 1 findet ihr Hier: How to be a Metalstar? (festivalstalker.de)

Teil II des Interviews:

Wie wichtig ist eine gute musikalische Ausbildung oder akademische Basis, um auch außerhalb der Bühne als Musiker leben zu können, oder braucht man sowas gar nicht?

Wie bereits schon vorher erwähnt gibt es genug Möglichkeiten im Musikbereich auch ohne Studium tätig zu sein.

Ein akademischer Grad bestimmt nicht ob deine Art der Dienstleistung den Leuten gefällt.

Ich gehe zu einem Lehrer und mache erst einmal eine Probestunde bevor ich einen Vertrag mache, ich höre mir die Arbeit eines Engineers an bevor ich ihn frage ob er meine Songs mischt, ich höre mir die Stimme eines Sänger/Sängerin oder eine Band an bevor ich sie frage ob sie an meiner Hochzeit singen/ spielen könnte…

Letzten Endes bestimmt die Qualität deiner Arbeit ob du einen Auftrag/ neue*n Schüler*inn bekommst.

Wie hoch muss das Level wirklich sein, um von der Musik leben zu können und wie viel Übung steckt drin?

Das kommt drauf an mit welcher Musik du unterwegs bist. Eine Akustik-Cover Band hat ein anderes instrumentales Niveau als eine Progressive-Metal Band und auch ein anderes Publikum/ Klientee.

Als Power-Metal Sänger muss ich anders mit meiner Stimme umgehen und andere Fähigkeiten besitzen als ein Rapper. Selbiges gilt für alle anderen Instrumente auch und entsprechend muss auch geübt werden.

Die andere Frage ist: was heißt „von Musik leben“?

Wenn du damit meinst vom „Musikmachen auf der Bühne“ zu leben dann unterscheidet es sich hier ja auch wieder ob du in einer Cover-Band auf Hochzeiten, Galas und Stadtfesten spielst, oder nur deine eigene Musik machst, wobei es auch hier Genres gibt bei denen rein eigene Musik auf oben genannter Art von Veranstaltungen ebenfalls funktioniert.

Bei Metal-Bands gilt das eher weniger, Ausnahmen bestätigen hier die Regel.

Stichwort: Das Drumrum: Social Media muss gepflegt werden, Gigs müssen angenommen koordiniert und organisiert werden. E-mails warten. Einige Bands versenden ihr Merch selbst. Daneben muss vielleicht noch Musikunterricht vorbereitet werden. Wie hoch ist da die Wochenarbeitszeit oder gibt es sowas nicht?

Ja diese Social-Media Arbeit ist so ein Ding und ich kann dir sagen, dass die wenigsten Bands, zumindest die die ich kenne, da wirklich Bock drauf haben.

Es ist so eine Sache die sich entwickelt hat und nun „gefordert“ wird.

Sowas kann, je nach Niveau, sehr Zeitintensiv sein. Eigentlich wollen die Künstler diese Zeit lieber nutzen um an ihrer Musik zu arbeiten, zu üben oder vlt auch einfach mal zu verschnaufen.

Ich sollte in der Richtung auch mehr machen aber vergesse es immer wieder, hab anderes zu tun oder einfach auch keine Lust mehr darauf.

In Bezug auf die Arbeit als Band ist es wichtig wie man diese koordiniert. Es ist gut diese Tätigkeiten untereinander aufzuteilen sodass einer für Social-Media verantwortlich ist, einer für den E-Mail Kram, der andre bringt den Merch zur Post usw.

Unterricht vorbereiten ist von Instrument zu Instrument unterschiedlich.

Wenn du eine Band oder einen Chor leitest dann hast du eine deutlich intensivere Vorbereitungszeit als z.B. bei Einzelunterricht.

Gesang ist hingegen eine reine Türschwellenpädagogik.

Hier muss ich in dem Sinne nichts vorbereitet. Doch ich bilde mich ständig fort um so besser und gezielter auf das individuelle Bedürfnis meiner Schüler*inn und seiner/ihrer Stimme am Tag X reagieren zu können. Aktuell bin ich z.B. im Level 2 Kurs der Teacher-Certification nach Modern Vocal Training (MVT).

Wie sieht es mit Spotify und Co aus? Wie viel Arbeit steckt drin?

An sich nicht so viel. Wenn der Song fertig ist muss er über gewisse Strukturen (meistens Labels aber hier gibt es ja auch speziell „Labels“ nur für die Veröffentlichung von unabhängigen Künstlern wie z.B. DistroKid) dort hochgeladen werden und fertig. Selbes gilt auch für andere Streaming Anbieter. Irgendwann kommt dann die Abrechnung dafür.

Was tun die Managements? Buchen die die Slots auf Festivals und dann muss man erscheinen? Übernehmen die einen Teil der Werbung? Was machen die denn eigentlich genau?

Das kommt drauf an ob die Labels intern auch Booking-Bereiche haben, das trifft allerdings nur eher auf die großen Labels zu. Die kleineren Labels kümmern sich eben meist „nur“ um das Platzieren von Songs in den Streaming Portalen, leiten Songs für Reviews an Magazine weiter, posten Sachen zu neuen Veröffentlichungen und sorgen so für Werbung.

Manche bezuschussen auch Alben-Produktionen, Musikvideo-Produktionen oder zahlen Teile des Mixing/Mastering-Prozesses, zahlen Cover-Layouts, erstellen Lyric-Videos… Das ist von Label zu Label komplett unterschiedlich und man sollte sich gut darüber informieren bevor man einen Label-Vertrag unterschreibt.

Wie viel Geschäftsmannfraudivers muss in einem Stecken, damit man im Business überlebt und nicht ausgebeutet wird? Man hört immer wieder von Knebelverträgen und Managements, die die Bands ausbeuten. Muss man bei schlechten Konditionen schlicht „Nein“ sagen, oder muss man immer schauen, inwieweit der Auftritt einen in Sachen Bekanntheit weiter voranbringt? Wie trifft man diese Entscheidung?

Generell ist es gut wenn man dem „Bürokram“ gegenüber nicht abgeneigt ist. Das fängt aber eher bei Sachen wie Steuererklärung oder verschiedene Gewerbeformen wie GbR (für Bands sehr wichtig) an und zieht sich über das Wissen, wo muss ich mich wie krankenversichern, was brauche ich an Zusatzversicherungen (auch für Bands!) etc.

Das ist nicht zu unterschätzen und sehr wichtig!

Bezüglich Knebelverträgen ist es immer gut jemanden an der Hand zu haben der sich rechtlich gut auskennt und der sich diese Verträge mal durchschaut bevor man unterschreibt.

Bezüglich der Gigs verhält es sich sehr unterschiedlich. Es gibt Bands die spielen zu Beginn jeden Gig wo sie können um Erfahrung zu sammeln, gemeinsam auf der Bühne zu stehen und zu schauen wie die Musik beim Publikum ankommt. Das ist wichtig und auch gut so!

Aber aus Sicht des Veranstalters Wiederrum ist es eher fragwürdig die Band bei sich spielen zu lassen wenn sie in den letzten 6 Wochen bereits 2 mal im nahen Umkreis gespielt hat auch wenn die Band bekannter ist.

Aber was ist Bekanntheit? Deine Anzahl der Follower auf Facebook oder Instagramm? Die Anzahl der Streams die du auf Spotify & Co hast?

Das sind, leider, Zahlen die für Veranstalter immer wichtiger werden, umso mehr seit Corona. Man hört immer wieder von Veranstaltungen die abgesagt werden weil allein der Ticketvorverkauf nicht gut lief.

Die Leute die Konzerte besuchen sind auch vorsichtiger und nicht mehr so spontan wie früher oder das muss sich erst wieder erholen. Aber Fakt ist, dass Konzerte nicht mehr so besucht sind wie früher. Ich hoffe für alle, dass sich das wieder bessern wird!

Bezüglich der Gig Konditionen hat jede Band einen anderen Anspruch.

Es sollten aber minimal die Fahrtkosten gedeckt sein, vor allem wenn der Gig mal nicht in näherer Umgebung ist. Über Merchandise kann dann noch Gewinn gemacht werden.

Wenn die „Bekanntheit“ der Band schon etwas weitreichender ist (wie viele Konzerte hat man schon gespielt, überregional, National, International, Festivals, veröffentlichte Alben/ EP’s/ Songs. etc.) dann kann man auch über höhere Gagen feilschen.

Von diesen finanzieren die Bands dann meist ihre nächsten Produktionen etc.

Da entwickelt sich mit der Zeit ein Feingefühl für die Kommunikation mit den Veranstaltern. Aber man sollte sich nicht unter Wert verkaufen! Kunst ist etwas Wert! Auch wenn man nicht „professionell“ ist!

Wenn man dann doch auf der Bühne Geld verdient…Wie viele Leute wollen auch gleich etwas abhaben und wie groß sind die Sprünge die man mit dem Rest dann noch machen kann? Kann man sich da monatelang in die Sonne legen oder geht es gleich weiter?

Eine interessante Frage. Ich würde aber sagen, dass dies pro Genre unterschiedlich ist.

Bei einer Metal-Band hast du ja im Schnitt 4 oder 5 Leute auf der Bühne, während bei gewissen Performances im HipHop/ Rap teils nur 2 Leute on Stage sind. Da ist eine Gewinnverteilung ganz anders.

Ich hatte, zu diesem Thema, ein interessantes Gespräch mit Jonne Järvelä, dem Sänger von Korpiklaani, als ich 2018 mit „The Privateer“ auf den Deutschland Terminen der Korpiklaani-Europa-Tour im Vorprogramm gespielt habe.

Ich habe ihn damals gefragt ob die Band nur vom Musikmachen lebt oder ob die Bandmitglieder noch andere Jobs haben.

Er meinte, die Band spielt weit mehr als 100 Konzerte im Jahr und das nur eines der Bandmitglieder noch einen anderen Job hat den er per Laptop flexibel ausführen kann. Wenn die Band mal nicht auf Tour ist arbeiten sie im Studio am nächsten Album.

Ich fragte auch den Sänger von „Heidevolk“, die ebenfalls auf der Tour dabei waren, zu der Sache.

Der meinte, dass aus seiner Band alle einen Hauptjob haben. Er selber ist wohl/ war damals Entwickler für Kinder-Lern-Software. Nur von der Band könnte man nicht leben.

Das fand ich schon sehr prägend.

Der wilde 17 Jährige, der mit seiner Gitarre die Welt erobern will, macht sich sicher kaum Gedanken darum, aber: Steuer, Krankenversicherung, Altersvorsorge…Gibt es da einige weise Worte von Dir an die Musiker von morgen?

Ja: unterschätzt den sch***ß nicht!!

Ich würde sagen, wir stehen in Deutschland aufgrund der Künstler-Sozial-Kasse ganz gut da was die „Sozialabgaben“ betrifft.

Jeder Musiker ist ja theoretisch „Freiberufler“ und damit „selbstständig“.

Als Kunstschaffende oder Lehrender im Kultur-Bereich müssen wir aufgrund der KSK aber nur Anteile zahlen wie wenn wir normale Arbeitnehmer wären.

Das ist eine enorme Entlastung, im Vergleich zu selbstständigen Handwerkern.

Und das, was wir an Versicherungen zahlen müssen, hängt ja davon ab was wir an Netto-Gewinn erwirtschaften und dieser Gewinn ist von der Steuererklärung abhängig!

Viele Musiker wissen gar nicht was sie alles wie und wo steuerlich angeben können.

Allerdings ist es auch so, dass von Jahr zu Jahr, wie bei eigentlich jeder Selbstständigkeit, der Gewinn zunimmt. Wenn der Gewinn zunimmt steigern sich wiederrum gern Investitionen.

Mit dem Wachsen des „Geschäfts“ kann sich auch das „Wachsen“ um Wissen darum steigern.

Als Gitarren-Musiker weiß man, dass meine seine neue 3000€ E-Gitarre absetzen kann, doch die Frage ist wie? Sich selbst schlau machen zu der Sache ist der Schlüsselbegriff.

Ich wurde/werde oft von Musikerfreunden in Bezug auf steuerrechtlichen Sachen gefragt. Ich war da aber auch immer recht fit drin.

Im übrigen wurde uns das in der Uni nicht beigebracht! Wäre aber mal ein sinnvoller Kurs gewesen… „Steuerrecht für Musiker“.

Kann ich das nicht einfach von einem Steuerberater machen lassen?“ werden sich da viele fragen.

Ja, kannst du, aber es gibt mittlerweile echt gute Online-Lohnsteuer-Plattformen die auch sehr informativ sind und bei denen sich Fragen klären.

Ich hatte selber auch mal für 2 Jahrgänge einen Steuerberater und ich muss sagen, der hat mir zu viel gekostet dafür das er nur Belege und Zahlen, die ich ja trotzdem zusammentragen musste, an die richtigen Stellen gesetzt hat.

Grade mit diesen Online-Plattformen kann ich steuerlich nicht so viel „falsch“ machen wie das mich der Steuerberater kostet. Das ist meine Erfahrung, aber natürlich darf dies jeder anders handhaben.

Steuerrechtlich ist das Feld des Berufsmusikers, nach meiner Meinung, aber recht übersichtlich.

Wenn wirklich Eigenbesitz hinzukommt, dass man z.B. ein Studio kauft und nicht mietet, dann ist das was anderes.

Ist eine geregelte Lebensplanung mit Familie und Häuschen überhaupt denkbar oder fährt man konsequent im Risikomodus durchs Leben?

Das kommt auf sich selbst und die eigenen Ansprüche an.

Ich glaube sich ein Häuschen leisten zu können hängt eher vom Kapital ab das meistens eher die Eltern besitzen oder bereits vor dem Berufsleben erspart wurde…

Wer sein Leben geregelter haben will, der wird sich auch eher ein „geregelteres“ Standbein aufbauen und das „Geld durch Auftritte“ eher nur einen Zusatz sein lassen.

Die Planung von Beruf und Familie hängt aktuell eher mit dem mangelnden System der Kinderbetreuung zusammen, aber das ist ein anderes Thema.

Als Musiker findet der Arbeitsalltag meist eher „später“ statt. Dass muss ein Partner mitmachen, vor allem wenn Kinder mit im Spiel sind!

In Bezug auf Familie, können wir nur so gut sein wie die Personen die uns den Rücken freihalten.

Ohne das Verständnis meiner Frau und die Hilfe meiner Mutter als Oma, könnte ich meinen Beruf bzw. meine Berufung nicht voll ausüben mit 2 kleinen Kindern im Hintergrund. Ich denke ein jeder weiß für sich selber wenn er oder sie im „Risikomodus“ fährt und denke, dass solche Personen eher nicht an Familienplanungen denken.

Gibt es jemanden, mit dem du dein Leben tauschen wollen würdest?

Auf Dauer nicht, aber für eine gewisse Zeit schon.

Ich würde auch gerne mal Wochen oder Monatelang in der Welt auf Tour sein wollen um zu schauen wie dies ist.

Da ich eigentlich nur pädagogisch arbeite, sehe ich mich oftmals selber gar nicht mehr als Musiker oder als Sänger & Performer. Das tut auch mal in der Seele weh. 

Auf der anderen Seite geht mein Herz auf wenn ich Leute unterrichte und sie dabei ihre Stimme neu entdecken. Da spüre ich, dass dies genau ist was ich möchte und das ich meinen Beruf liebe.

Auf der anderen Seite würde ich gerne mal mit Vocal-Coaches tauschen die teils weltweit unterwegs sind, große Stars unterrichten und Workshops geben.

Aber ich glaube, dass dieser Teil des Lebens noch vor mir liegt und kommen wird 😉

Auf jeden Fall arbeite ich darauf hin!

Ich danke für deine Zeit und wünsche dir weiterhin viel Erfolg und Spaß bei der Arbeit!