How to be a Metalstar?

Schizophrenia – Turock Fest – Justin Herschfeld (19)

Denkt ihr darüber nach, mit eurer Metalband durchzustarten? Wollt ihr Berufsmusiker werden? Lohnt sich das? Und wie geht das überhaupt? An was müsst Ihr alles denken? Wie wird man überhaupt Musiker? Fragen über Fragen, die wir euch in einer Interviewreihe beantworten wollen. Ungeschönt und ehrlich.

Den Anfang macht Daniel Priegnitz, Vocal Coach, Metalgesangslehrer und Stimmforscher. Er hat uns viel seiner Zeit geopfert. So viel, dass das Interview in mehreren Teilen erscheinen kann. Macht euch schlau mit Teil I: 


Hallo Daniel! Stelle dich gern kurz vor, vielleicht kennt dich noch nicht jeder Leser.

Also ich bin Daniel Priegnitz, 32 Jahre jung, verheiratet und Vater von 2 Kindern. Geboren bin ich in Brandenburg aber lebe seit meinem 9. Lebensjahr in der Gegend von Freiburg im Breisgau/ Südbaden.

Von meiner Ausbildung her bin ich studierter Profimusiker mit Hauptinstrument Gesang (Bachelor of Arts/ Popular Music/ Pedagogy). Nach meinem Studium habe ich noch eine 2 jährige Fortbildung im Bereich Audio-Engineering über das HOFA-College gemacht.

Ich arbeite hauptsächlich als Gesangslehrer/ Vocal-Coach/ Stimmbildner wobei die Besonderheit meines Unterrichtes darin liegt, dass ich gutturale Gesangstechniken vermittle. Oder besser gesagt: Metalgesangstechniken.

Nebenbei bin ich noch als Stimmforscher für gutturale Gesangstechniken tätig.

Wie kommt man auf die Idee Berufsmusiker zu werden? Viele Teenager wollen reich und berühmt werden, aber wann und warum fiel schließlich die Entscheidung nicht nur mit, sondern auch von der Musik leben zu wollen?

Die Idee kam mir in der 12. Klasse am Berufsgymnasium. Da war ich 18. Ich war ein „Spätzünder“ unter denen die Musik studieren da ich erst mit 16 Jahren damit begann mich intensiv mit einem Instrument zu beschäftigen. Das war die E-Gitarre.

Erst ein Jahr später entschied ich mich dazu Gesangsunterricht zu nehmen und dann kurz darauf, dass ich hauptsächlich im/ mit dem Musikbereich mein Leben bestreiten wollte. 

Das war eine Entscheidung die tief aus dem Inneren kam und die mich vollends erfüllte. Ich wusste irgendwoher das ich das mehr als alles andere auf der Welt wollte.

Was muss man alles mitbringen? Ein wenig Talent ist sicherlich nicht schlecht. Aber, was braucht es noch? Glück? Akademische Ausbildung? Ewiges Üben? Der reine Wille wird sicherlich nicht reichen.

Talent ist, meiner Ansicht nach, sicherlich von Vorteil. Doch jedes Talent ist wie ein Rohdiamant den man schleifen muss. Talent alleine bringt einen nur bis zu einem bestimmten Niveau. Will man darüber hinaus, braucht es zum einen eine gute Führung durch eine/n Lehrer/in und noch mehr den Willen und den Ehrgeiz an sich zu arbeiten und vor allem: zu üben!

Dann braucht man auch nicht unbedingt eine akademische Ausbildung.

Ich kenne einige hervorragende Berufsmusiker die keine solche Ausbildung haben und ihr Ding machen und das ist super!

Im pädagogischen Bereich an Musikschulen o.ä. ist eine solche berufliche Ausbildung natürlich bevorzugt, aber auch hier habe ich schon erlebt das Leute unterrichten die eine solche nicht besitzen.

Ich, für meinen Teil, bin der Ansicht, dass ich damals für den Gesang wirklich kein Talent hatte.

Aber ich hatte andere Attribute die mir geholfen haben den Weg des Berufsmusikers dennoch einzuschlagen und das war, dass ich mich selbst immer als Sänger auf der Bühne gesehen und identifiziert habe und am allermeisten: dass ich den Ehrgeiz und den Willen hatte an mir zu arbeiten um dieses Bild zu verwirklichen!

Ich musste mich durch mein Studium wirklich sehr „durchbeißen“. Da ging es anderen Sänger*innen mit deutlich mehr „Talent“ deutlich besser.

Gab es einen Schlüsselmoment, in dem klar wurde, dass der Traum vom reinen Bühnenleben vielleicht nicht zum Leben reicht?

Das war mir von Anfang an klar. Nur weil man Musiker ist heißt das nicht gleich, dass einem der Kopf in den Wolken hängt.

Ich wusste, dass eine Bühnenkarriere eher schwierig wird, aber darauf war ich auch nicht aus.

Ich sah zu Beginn einfach die Möglichkeiten welche das breite Feld des „Berufsmusikers“ mit sich brachte und das es hier viele Säulen gibt mit denen man einen sicheren Unterhalt bestreiten kann.

Eben. Musiker haben ja viele Möglichkeiten Tätig zu werden. Musikunterricht in der Kreismusikschule? Studiomusik? Werbejingles? Was für Jobs macht man da realistisch? Womit hält man sich wirklich über Wasser, wenn man nicht gerade Metallica ist?

Tatsächlich mit Jobs im pädagogischen Bereich da man mit denen das am meisten geregelte Einkommen erzielt.

Hierfür benötigt es auch selten Zusatzqualifikation. Es ist ja nicht verboten Privatunterricht anzubieten. Jeder kann Musikunterricht anbieten, auch der BWL-Student der selber schon ein paar Jahre Gitarre spielt und Einsteigern die Lagerfeuerakkorde beibringt.

Bei einer Musikschule ist das natürlich anders.

Hier haben die Unterrichtenden in der Regel einen Abschluss im Musikbereich, wenn auch nicht immer mit pädagogischen Schwerpunkt.

Um im Studiobereich zu arbeiten brauchst du erst mal die Infrastruktur und Erfahrung dafür in diesem Bereich.

Gerade dieser Berufszweig wurde in den letzten Jahren, vermutlich auch durch Corona, von vielen Quereinsteigern überflutet (es gibt ja sehr gute Tutorials für sowas ohne Ende auf YouTube) und an jeder Ecke bietet grade jemand Recording, Mixing und Mastering an, oder nur Mixing und Mastering da hierfür keine Aufnahmeräume nötig sind und man sich heutzutage extrem günstig ein „Homestudio“ einrichten kann.

Dadurch herrscht in diesem Bereich ein enormes Preis-Dumping, doch das hast du auch im pädagogischen Bereich wenn andere ihren Unterricht deutlich günstiger anbieten.

Doch im Gegensatz zum Schüler der jede Woche oder alle zwei Wochen kommt, bist du im Audio-Bereich abhängig von Aufträgen und damit können durchaus auch „Durststrecken“ aufkommen wenn man sich noch keinen Namen in seiner Branche gemacht hat.

Das, aber auch das besagte Preis-Dumping, sind Gründe warum ich selber nicht mehr so viel im Audio-Bereich mache… der Verdienst ist deutlich schlechter als beim Unterrichten, zumindest im privaten Sektor und eben weniger kalkulierbar.

Was die kompositorische Arbeit angeht habe ich keine Erfahrung aber natürlich ist dies auch ein Teil der auf Aufträgen beruht.

Aber natürlich sind, im Gegensatz zum Audio-Engineering Bereich, gewisse instrumentale und musiktheoretische Kenntnisse von enormen Vorteil. Durch Software-Instrumenten-Libraries kann man sich auch hier recht leicht und schnell ein „Home-Studio“ einrichten und loslegen.

In deiner Tätigkeit als Stimmforscher machst du teils eigenartige Dinge u.a mit MRTs. Ist das auch Teil des Jobs oder wissenschaftliche Forschung?

Das ist wissenschaftliche Forschung und hier brenne ich wirklich für!

Egal ob ich einen Endoskopschlauch durch die Nase bekomme, Elektroden an meinem Hals habe oder ewig im MRT liege und bei all diesen Sachen Metaltechniken singen muss – ich liebe es!

Ich verdiene damit kein Geld, aber ich erlange damit einzigartiges Wissen und Verständnis über die Stimme und lasse diese Erkenntnisse in meinen Gesangsunterricht und Workshops mit einfließen.

Ich sehe es als meine „Berufung“ an, eine wissenschaftlich fundierte Methodik und Didaktik zur Vermittlung gutturaler Gesangstechniken zu entwickeln.

Mit dem FIM (Freiburger Institut für Musikermedizin) habe ich das unglaubliche und einzigartige Glück einen international renommierten Partner im Bereich der Stimmforschung an meiner Seite zu haben und es ist unglaublich was wir gemeinsam schon alles untersucht und entdeckt haben!

Ich habe auch schon andere Studien unterstützt und dadurch sind wiederum neue Kontakte entstanden.

Letztens hatten wir dadurch einen Austausch mit einer Universität in Chile denen ich dann mit Audiobeispielen von mir weiterhelfen konnte.

Im Herbst diesen Jahres sollen die ersten Ergebnisse unserer bisherigen Forschung veröffentlicht werden und ich kann es kaum erwarten wohin das noch alles führen wird.

Du gibst auch live Online-Kurse, in denen man Metal-Gesangstechniken lernen kann.

Wie sieht sowas aus? Was ist drin? Wann gehts los? Was muss man mitbringen? Wie viel Arbeit und Vorbereitung steckt in so einem Kurs, der sicherlich gut durchdacht ist?

Richtig, der Live-Online-Metalgesangskurs.

Aktuell findet seit Oktober der dritte Kurs dieser Art statt.

Das erste Mal bot ich den Workshop im Herbst 2022 statt. Seitdem startet er 2 mal im Jahr, jeweils im März und im Oktober!

Insgesamt hat der Kurs 8 Termine á 75-90 Minuten die unter der Woche Abends stattfinden und sich über gut 4 Monate erstrecken. Dadurch soll den Teilnehmern die Möglichkeit gegeben werden ihre eigenen Fähigkeiten Stück für Stück mit dem Kursverlauf mit zu entwickeln.

Das Erlernen gutturaler Techniken benötigt nämlich Zeit und einiges an Übung! Dazu bekommen die Teilnehmer nach jedem Kurs Übepakete mit Videos und Übungs Mp3‘s zu den Themen der jeweiligen Kurs-Einheit. Mittlerweile sind es über 90 Videos und 25 Mp3‘s die so an die Teilnehmer weitergegeben werden.

Stattfinden tut das ganze per Zoom und jede der Sitzungen wird aufgezeichnet sodass es nicht schlimm ist wenn man mal bei einem der Termine nicht live dabei sein konnte oder sich die Kurs-Einheit noch einmal anschauen möchte.

Der Kurs richtet sich sowohl an Anfänger als auch an bereits erfahrene Sänger*innen bis hin zu Profis die mehr über diese Techniken lernen oder ihre eigene verbessern wollen. Tatsächlich funktioniert der Kurs für all diese Niveaus auch gleichzeitig da man als Sänger*inn eigentlich immer wieder an den Basics arbeiten oder diese überarbeiten muss um seine Technik zu verbessern.

Es werden neben Techniken wie Unterton-Gesang, Growling, Distortion, Rattle, Shouting, Grunting, Screaming usw. auch die Grundlagen des Cleanen-Gesanges intensiv besprochen die bis hin zu Belting und Power-Metal artigen Mixed-Voice Techniken reichen.

Eine gute Clean-Stimme ist nämlich essentiell für eine gute Entwicklung von Metalgesangstechniken, so viel sei verraten.

Das Konzept für die Reihenfolge und Inhalte der 8 Kurse habe ich anhand meiner eigenen Lern- und Lehrerfahrung, aber auch Anhand der Erkenntnisse aus unserer Stimmforschung erstellt. Das stand zuerst.

Die Arbeitsstunden die es dann brauchte die Videos und Mp3’s zu erstellen habe ich ehrlich gesagt nicht gezählt. Das hat sich über mehrere Monate erstreckt. Immer wenn ich Zeit hatte zwischen Unterrichtseinheiten oder mal ein Schüler ausgefallen ist habe ich die Videos aufgenommen. Manchmal mache ich immer noch neue Videos wenn ich neue Erkenntnisse gewonnen habe oder aktualisiere bereits vorhandene. Letztens habe ich angefangen intensiver mit PowerPoint Präsentationen zu arbeiten. Das hat auch nochmal einiges aufgewertet.

Der Kurs entwickelt sich ständig. Das war schon während der Vorbereitung so.

Ich hatte ein Konzept und eine Struktur, dann machte ich die Videos dazu und während du ein Video machst kommt dir die Idee für ein weiteres Video oder du denkst dir auf einmal: „Stopp! Das was ich hier inhaltlich gerade erkläre sollte besser auf zwei Tutorials aufgeteilt werden!“

Und dann werden die exakten Inhalte der Videos zu den Inhalte welche dann auch in den Kurseinheiten besprochen werden.

Es war ein gegenseitiges Befeuern von Ideen durch welche der Kursinhalt wuchs und ich bin überglücklich wenn mir die Teilnehmer begeistert ihre positiven Feedbacks am Ende des Kurses zukommen lassen.

Infos zum Kurs gibt es auf meiner Homepage:

www.vocalsontherocks.de