Harry Styles lädt in Harry’s House ein

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Fotocredit:
Hannah Moon

Zwei Wochen sind nun vergangen seit Harry Styles‘ drittes Studioalbum Harry’s House draußen ist. Viel ist seitdem passiert. Wie zu erwarten schoss der Longplayer weltweit auf Platz 1 der Charts, in den USA dominiert er die Billboard Hot 100 mit sage und schreibe vier Songs in den Top 10. Damit schafft er als zweiter britischer Act jemals was vor ihm bisher nur die Beatles schafften. Der 28-Jährige ist auf dem besten Weg, einer der größten Namen unserer Zeit im Musikbusiness zu werden, und das mit gutem Recht.

Neben dem lang ersehnten Album-Release am 20. Mai spielte Styles außerdem wieder seine legendären One Night Only Shows, sowas wie seine inoffiziellen Release-Shows zum Album. Die gab es auch schon für sein Debut und den Nachfolger Fine Line; so durften auch dieses Mal wieder an zwei Abenden Fans in den Genuss des gesamten Albums kommen, am 20. Mai in Long Island, NY, und am 24. Mai in der o2 Academy Brixton in London. Bei letzterem waren wir vor Ort und durften Styles’ erste Show in Europa seit Ende 2019 miterleben.

Vorweg: Ich bin Fan der ersten Stunde; als Teenager zur Zeit von One Direction konnte man dem Hype auch damals schon kaum entkommen. Ich habe außerdem das Glück, die gesamte Band mehrfach live gesehen zu haben. Seit dem letzten Mal sind allerdings fast acht Jahre vergangen und es hat sich einiges verändert. Ich bin jetzt Mitte 20, die Band ist mittlerweile länger getrennt als sie zusammen war, alle ehemaligen Mitglieder machen ihr eigenes Ding. Ich habe es leider versäumt, die Tour zu Harrys Solo Debut zu besuchen, und durch eine weltweite Pandemie hat sich die Tour zum zweiten Album Fine Line auf diesen Sommer verschoben. Aber zurück zu One Night Only.

In die o2 Academy Brixton gehen knapp 5000 Leute, es ist mit Abstand die kleinste Show, die Styles seit langem gespielt hat und wahrscheinlich für eine Weile spielen wird. Immerhin spielt er im Juni unter anderem zweimal das legendäre Wembley Stadium am anderen Ende der englischen Hauptstadt; beide Shows waren innerhalb von Minuten ausverkauft. Für die intime Show in Brixton war es quasi unmöglich an Tickets zu kommen; wie genau ich hier gelandet bin, frage ich mich auch heute anderthalb Wochen später immer noch. Die Stimmung in dem eindrucksvollen Theater ist schon vor seiner Stage Time am Brodeln und man merkt, dass die meisten Besucher jahrelang auf diesen Moment gewartet haben. Vom Moment, in dem Styles die Bühne betritt und mit Music For A Sushi Restaurant den Abend eröffnet bis zum glorreichen Outro mit Kiwi vom ersten Album ist der Raum elektrisch. Der Sprung von One Direction zu dem Solo-Performer, der er heute ist, ist atemberaubend. Versteht mich nicht falsch, auch als Teil der größten Boyband der Welt war Styles bereits ein begnadeter Showman; immer im Dialog mit dem Publikum, mit einer unverkennbaren Bühnenpräsenz und für den nicht besonders involvierten Beobachter wahrscheinlich überraschend guten Vocals. Aber jetzt, mit dem dritten Solo-Album, welches wie er selbst sagt das ist, auf dem er am authentischsten er selbst ist, merkt man einfach, dass sein Talent die generische Pop-Musik der frühen 2010er bei weitem übersteigt.

Harry’s House ist definitiv das Album mit dem klar erkennbarstem roten Faden, zumindest sound-technisch. Da wo Harry Styles an 70s Rock und Fine Line an experimentierfreudigen Pop angelehnt war, ist Harry’s House voller 80s Referenzen. Der Sound ist groovy; charakteristische Base Lines, softe Gitarrenriffs, und natürlich Styles’ vielschichtige Lyrics. Up-beat Tracks wie der überraschende Opener Music For A Sushi Restaurant oder die aktuelle Single Late Night Talking werden ausbalanciert von entschleunigenden Balladen wie Little Freak oder Matilda. Von nostalgischen Liebeserklärungen nach einer guten Flasche Wein (Grapejuice) bis hin zu einem persönlichen Roadtrip und wahrscheinlich der besten Bridge des Albums (Keep Driving) ist alles dabei. Zusammen mit seine Langzeit-Produzenten Kid Harpoon und Tyler Johnson präsentiert Styles ein weiteres Mal seinen musikalischen Tiefgang und sein Händchen für nahezu perfekte Pop-Musik. Die besten Aspekte von seinem Vorgänger-Album Fine Line wie zum Beispiel die einzigartigen Vocal Layerings aus Canyon Moon finden sich auch auf Harry’s House neu und verbessert wieder.

Harry Styles ist mittlerweile einer der interessantesten Künstler im Mainstream. Sein Weg in den Pop-Himmel ist mittlerweile kaum noch aufzuhalten, nicht das das irgendjemand wollen würde. Harry’s House ist auf dem besten Weg, alles an Auszeichnungen einzusammeln, was es gibt. Aber besonders wenn man mal einen Schritt vom kommerziellen Erfolg weg macht und Harry’s House an einem warmen Frühsommernachmittag hört, merkt man, dass Harry Styles so viel mehr ist als ein Stern am Popstarhorizont.

Live könnt ihr Harry Styles diesen Juli bei vier Deutschland-Shows bei Love On Tour erleben. Das Album kaufen könnt ihr hier.

9.1

Unser Fazit


Sound
9
Texte
9
Produktion
9.5
Kreativität
8
Wiederhörwert
10