STALKERSTORIES: Phänomen Musiker-Biopics

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Freddie Mercury

„Who wants to live forever?“, sang einst Freddie Mercury in seiner Zeit bei einer der, wenn nicht DER, erfolgreichsten Bands aller Zeiten. Ob der Sänger damals bereits ahnte auf musikalische und filmische Weise unsterblich zu werden?

Queen, Mötley Crüe und bald auch Elton John. Legenden wie sie, haben bis auf ihr musikalisches, einzigartiges Talent seit diesem Jahr noch etwas anderes gemeinsam: Ihr Leben und ihr Werk wurden verfilmt. In echte, fette, dramatische Hollywoodstreifen verwandelt. Für Millionen von Menschen auf der ganzen Welt. Mit Ton und in Farbe.

Musikerbiografien sind momentan nicht schwer im Kommen, sondern sie sind längst da. Präsent wie nie. Kenner der Szene sind Klassiker a la Sid & Nancy geläufig aber seit letztem Jahr ist jeder noch so junge Kinogänger Queenfan und Mercuryexperte. Mit dem mit 4 Oscars ausgezeichnetem Werk Bohemian Rhapsody wurde das Kapitel Musiklegenden aufgeschlagen und zwar erfolgreich. Wo das Kino ist, sind Streamingdienste nicht weit: Es folgte der Netflix-Film The Dirt, der die Bandgeschichte Mötley Crües auf laute, feierwütige und selbstzerstörerische Weise inszeniert. Für ebenfalls großes Aufsehen sorgte der Film Lords of Chaos des bekannten Produzenten Jonas Akerlund, der die düstere Entstehungsgeschichte der Black-Metal-Band Mayhem und deren regionalen Hintergrund zeigt. Ebenfalls einen Oscar erhielt übrigens A Star is Born, der zwar nicht biografisch ist, aber mit Lady Gaga, als Hauptfigur, welche durch Zufall entdeckt zum größten Popsternchen am Himmel aufgeht, doch sehr nah an ihrer persönlichen Erfolgsgeschichte ist (die übrigens ebenfalls als Netflix Dokumentation (Gaga: Five Foot Two) erschien). „Shallow“, der prämierte Titeltrack, gilt als einer der beliebtesten Songs 2018.
Auch Elton John wird dieses Jahr sein auf Filmband gepresstes Monument erhalten: Rocketman, benannt nach einem seiner größten Hits (wir sehen die Ähnlichkeit zu Bohemian Rhapsody), erscheint am 30. Mai bei uns in Deutschland.

Für uns Fans und Fanatiker ergibt sich die Frage: Können Kino und Netflix dem guten alten Rock und Pop zu Zeiten von Capital Bra und weiterem geistigem Leerlauf wieder zu neuer Beliebtheit verhelfen?

Rockumentationen, Biopics oder Konzertfilme. Es gibt sie bereits seit Jahren zu Hauf im Fernsehen und zu Hauf in Regalen der Kaufhäuser zu kaufen. Selten schafft es auch einmal einer dieser ins Kino, noch seltener ein Film in dem es um Rock oder Metalbands geht. Man konnte vor sechs bis sieben Jahren dabei zu sehen wie die jungen Mädchen, gruppenweise zu Tour-begleitenden Filmen von One Direction vorm Kinosaal anstanden oder sich vor dem Pappaufsteller von Justin Bieber fotografieren ließen. Zwischendurch kam Metallicas „Through the Never“ ins Kino, ein Spielfilm welcher einen Auftritt und die Band-unabhängige Hauptstory splittet. Dieser feiert allerdings nur mäßigen Erfolg. Es folgten Konzertfilme, beispielsweise „Rammstein: Paris“ oder „Day of the Gusano“, von Slipknot die bereits wieder einige Metalheads mehr ins Kino ziehen konnte. Filmproduzenten müssen daraufhin bereits eine Wandlung bemerkt haben: Lange Interviews kommen nicht so gut an, wie eine fortlaufende Szenerie. Bands sollen Bands sein dürfen, nicht zusammengerissene Geschichtenerzähler. Jeder kennt den Effekt, den ein Interview auslösen kann, wenn ein Künstler abseits seiner Band über Probleme und Niederlagen spricht. Es nimmt etwas vom Zauber. So kam in den letzten Jahre die Idee der dramaturgischen Inszenierungen zurück. Und sie ging durch die Decke.

Das Phänomen Music-Biopics schlug ein wie eine Bombe und zieht merklich seine Runden: Der Film „Bohemian Rhapsody“ machte die noch bestehenden Bandmitglieder reicher als das britische, gleichnamige Oberhaupt. Mötley Crüe gaben ihren ersten Song seit Jahren heraus der, benannt nach dem Netflix-Film „The Dirt“, rauf und runter im Radio gespielt wird. Woran liegt diese Beliebtheit von Spielfilmen gegenüber Star besetzten Dokumentationen?
Die Antwort: Eine Dokumentation schafft Distanz, während ein gutes Biopic den Zuschauer mit einbezieht und ihn in die Welt der Band/ des Künstlers einlädt.

In einer Dokumentation wird ein Zuschauer oft mit herzzerreißenden Geschichten, Erfahrungen und haufenweise subjektiven Informationen gefüttert. Dabei kommen außer Nostalgie oft wenige Gefühle auf den Tisch. Man erfährt viel aber dennoch ist die Gefahr schnell abzuschalten oder Gespräche und Sätze mit zu bekommen, die den Zuschauer langweilen oder gar nicht gefallen, sehr groß. Mir selbst passierte genau dies als ich die Netflix-Doku-Serie „Metallica: Some Kind of Monster“ sah. Viel zu lange Interviews, ein abstürzender, leicht blöder James Hetfield, ein zickiger Lars Ulrich und ein introvertierter Kirk Hammet die versuchen sich bei Dave Mustaine zu entschuldigen, welcher wirkt als hätte er durch das Metallica-Aus bis heute tiefe Depressionen erleiden müssen.
Vielleicht ist dies alles die Wahrheit. Aber wer will schon die unverpackte, nackte Wahrheit hören und seine Helden als abgehobene Bösewichte erleben. Mal abgesehen davon das niemand der kein Fan der jeweiligen Band ist auf die Idee kommen würde, sich eine Dokumentation über diese anzuschauen.

Was hat da bis jetzt bei jeder atemberaubenden Story immer geholfen? Richtig! Eine Verfilmung. Stilistische Mittel, Hintergrundmusik, eine oder mehrere Liebesgeschichten, fette Partys, Sexszenen, Drogen, Szenen zum Lachen und zum Weinen, passende Kameraschnitte und epische Plot Twists – dafür muss man keinen Song und keine Person kennen. Jeder Nicht-Fan, schaut sich trotzdem gerne den Hit des Sommers im Kino an, jeder Netflix-Süchtige klickt aus Interesse doch einmal den von den Freunden angepriesenen Partythriller an – egal ob da jetzt eine Band im Vordergrund steht. Dazu kommen die, die Story und den Künstler dann doch kennen und der dramatischen Schlüsselszene mit Herzklopfen entgegen fiebern. Welches Auge blieb denn bitte nicht trocken als  Rami Malek aka Freddie Mercury seine Aids Diagnose bekam? Beim Arzt, man sieht nur die Nahaufnahme seines Gesichts mit der übergroßen Sonnenbrille, welches im Augenblick der Diagnose sich fast leblos neigt. Ein Moment von dem uns der Sänger nicht gefühlvoller hätte berichten können. Da stört es auch nicht das der Film einige chronologische und inhaltliche Fehler enthält. Das Phänomen Biopics ist vielleicht gar nicht so unberechtigt phänomenal.
Gerade auch die moderne Beliebtheit von Streamingdiensten wie Netflix, die mittlerweile das halbe Leben vieler Jugendlichen und junger Erwachsenen bestimmen, sorgt für eine deutlich höhere Reichweite und viele weitere Zielgruppen.

Das das Konzept Musik-Biografie funktioniert, durften die noch lebenden Künstler und die Filmproduzenten live und in Farbe bereits auf ihren Bankkonten, in den Charts und bei den Oscars bemerkt haben. So ist es keine Überraschung das dieses Jahr und auch die Nächsten bereits einige Filme dieser Gattung angekündigt sind:
Wie bereits erwähnt startet am 30.05. „Rocketman“ mit Taron Egerton in der Rolle des jungen Elton Johns. Weiter in Planung sind Biopics über Janis Joplin, Leonard Bernstein, Amy Winehouse, Buddy Bolden, Peggy Lee, und und und,… Wir dürfen also weiterhin gespannt sein für welche Songs und Storys wir in nächster Zeit die Konzert- gegen Kinosäle eintauschen dürfen.

Im Folgenden könnt ihr noch lesen von wem sich eure Festivalstlaker-Crew ein Biopic wünschen würde:

„Christian Lorenz. Flake hat ja bereits mit seinen Biografien „Heute hat die Welt Geburtstag“ und „Tastenficker“  umsetzbare Drehbücher geliefert. Oder Ozzy. Das wäre ein Film über ein Leben in einer abgespaceten anderen Galaxie.“ – Tamara

„Bon Scott. Weil er eine absolute Rockstar-Ikone war und wie kein zweiter das Genre geprägt hat.“ – Lukas 

„Steve Harris von Iron Maiden. Bester Bassist der Welt. Iron Maiden hat eine sehr interessante Entstehungsgeschichte mit vielen Höhen und Tiefen.
Red Hot Chili Peppers wären noch ne nette Geschichte… mit den ganzen Drogen, Drogentoten, Anthony Kiedis und sein Verhältnis zu seinem Vater.“ – Dirk

„Guns n‘  FUCKING Roses!!! weil sie Guns n‘ FUCKING Roses sind!“ – Hendrik

„Smile and Burn. die sympathischste Band der Welt! Es ist sogar interessant wenn sie sich über Staubsauger unterhalten.“ – Jojo 

„Hmm Adam Angst bzw. Felix Schönfuß fände ich spannend.“ – Till

„Ganz klar Five Finger Death Punch und Ivan Moody.“ – Justin

„Dave Grohl. Der hätte das verdient und ist einfach ein von Grund auf, auf dem Boden gebliebener musikalisches Genie mit interessantem Werdegang.“ – Pia