Am Freitag, den 26. September 2025, erscheint das neue ZSK Album „Feuer & Papier“ über Hamburg Records. Es ist ein Album das Zuversicht und Hoffnung bringen soll in diesen turbulenten Zeiten. So heißt es im offiziellen Pressetext:
„Täglich begegnen uns hunderte von Gründen, die Hoffnung zu verlieren. Aufzählen muss man sie gar nicht, denn wir wissen alle, was gemeint ist. Die Einschläge sind konstant, die Welt will es immer öfter von uns wissen. Aber dann sind da auch 10.000 Menschen, die in Riesa bei Minusgraden stundenlang den AfD-Parteitag blockieren, die 17.000 Antifaschist*innen in Hamburg, die sich Alice Weidel in den Weg stellen oder ihr Sommer-Interview zum Abbruch zwingen, die unzähligen Demonstrationen in allen Bundesländern, immer, wenn die Rechte mobil macht, die großen Zusammenschlüsse und die kleinen Momente – Immer wieder gibt es diese Protestszenen, die Mut machen. Mit ihrem neuen, achten Studioalbum hissen die Berliner Polit-Punks von ZSK eine Flagge der Hoffnung, die der Soundtrack für eben diese Lichtblickmomente sein soll.“
„Feuer & Papier“ startet mit einem ultimativen Freundschaftssong namens „3 Uhr Nachts“. Gleich beim ersten Hören habe ich direkt danach meiner besten Freundin geschrieben, dass ZSK einen Song demnächst veröffentlichen, der wie die Faust auf’s Auge passt in Bezug auf unsere Freundschaft. Es geht um bedingungsloses Vertrauen und füreinander da sein. „3 Uhr Nachts“ treibt einen sofort nach vorne und man will direkt alles geben, oder mit der besten Freundin/Freund durchbrennen. Gänsehaut-Garantie!
„3 Uhr Nachts,
bin sofort wach,
ruf‘ mich an wenn du Sorgen hast.
Bin für dich da,
ich stell‘ dir keine Fragen.
Egal was los ist, du brauchst gar nichts sagen.
Liebeskummer oder Banküberfall,
Gefängnisausbruch oder nur Schlägerei.
3 Uhr Nachts,
bin sofort wach,
sag mir wo du bist, ich hol‘ dich einfach ab.“
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
„Wir kommen in deine Stadt“ – ist das ein Versprechen oder eine Drohung? Nachdem ZSK Anfang des Jahres ein Kellerkonzert in der Nazihochburg Sonneberg in Thüringen für die Engagierten vor Ort gespielt hatten, erschien dieser Song bereits im April als Single. Kurz darauf machten ZSK ihre Drohung (oder Versprechen) wahr und verlosten Wohnzimmerkonzerte. „Wir stehen sehr auf Konzert-Abenteuer“, erzählt Bassist Eike. „In unserer Anfangszeit haben wir fast ausschließlich auf WG-Partys gespielt, weil normale Klubs uns gar nicht buchen wollten.“ Der Song handelt genau davon: durchgeschwitzten Spontan-Konzerten in Privat-Locations welche womöglich etwas ausarten. Es ist ein echter Banger den man direkt beim ersten Hören mitsingen möchte.
Und wie genau ein solches Wohnzimmer-Konzert dann aussah, seht ihr hier:
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Mit „So viel Gutes“ geht es dann eher Richtung sonnigen Pop-Punk. Die Berliner begegnen hier der Hoffnungslosigkeit mit radikalem Optimismus. “Oft möchte man an der Welt verzweifeln, aber wir glauben dennoch immer fest daran: Es wird noch ganz viel Gutes passieren“, so Sänger Joshi. „Egal, wie scheisse dein Tag gelaufen ist, mit etwas Glück läufst du um die nächste Ecke und triffst die Liebe deines Lebens, findest einen Lottoschein oder begegnest einfach nur einen süssen Hund, der gestreichelt werden will. Was wären wir ohne Hoffnung?“
Dann kommen wir auch schon zum Titelsong „Feuer & Papier“. Mich verwunderte es etwas, dass erst beim 4. Song andeutungsweise Politik ins Spiel kommt. Hier wird besungen, dass nicht jeder bei einer Demo auf die Barrikaden gehen muss, oft reicht auch ein „random act of kindness“ um die Welt im kleinen zu verändern.
„Ob die Welt dadurch gerettet wird?
Ich fürchte leider Nein
Aber wird sie dadurch etwas schöner?
Ich denke, das kann sehr gut sehr sein
Also weiter, immer weiter
Wir machen weiter und hören nie auf!“
Es gibt so Songs, bei denen fragt man sich: „Was möchte der Künstler einem mitteilen?“. So ergeht es mir bei „Tokyo“. Musikalisch ist der Song wirklich toll und macht Spaß, jedoch fehlt mir persönlich da die Message hinter, welche bei ZSK Songs sonst eigentlich so deutlich ist. Ähnlich verhält es sich mit „Keine Liebe für Berlin“, welche das Gegenteil einer Liebeserklärung an die Wahlheimat der Band. Mit einem großen Augenzwinkern sind die Jungs an die Sache ran gegangen sind.
Sänger und Gitarrist Joshi zur Single: „Keine Sorge, wir lieben Berlin. Aber die ganzen Dinge, für die diese Stadt berühmt ist – Fernsehturm, Berlinale, KaDeWe etc. – sind immer komplett an uns vorbeigegangen.
Doch hört man „Keine Liebe für Berlin“ genauer an, wird schnell klar, dass es den Punkrockern nicht darum geht, schlecht über die Hauptstadt zu sprechen. Viel mehr möchten sie die kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt von Kreuzberg abfeiern. Genau das zeigen sie dann auch im dazugehörigen Video, in dem Joshi durch die Straßen von Kreuzberg zieht, teilweise im Selfie-Mode.
Was mir dann noch musikalisch aufgefallen ist, scheinbar hat Joshi ein Effektgerät geschenkt bekommen, denn es ist bereits der zweite Song auf „Feuer & Papier“ in dem an seiner Stimme etwas rum gespielt wurde. Bringt irgendwie ein bisschen unerwartete Abwechslung hinein und gerade zum Ende von „Keine Liebe für Berlin“ klingt das echt cool zusammen mit dem Background-Chor.
Richtig schön uptempo-punkig wird des dann mit „Vielen Dank“, welches in gewisser Weise einen Bogen zurück spannt auf „Punkverrat“ (2017), denn auch hier geht es um all die Kritik und Vorwürfe gegenüber ZSK, welche einfach vollkommener Schwachsinn sind.
„Wir sollen aufhören,
wir sind erfolgreich,
was habt ihr denn nur gegen uns?
Vielen Dank für die Blumen,
wir haben uns wirklich sehr gefreut,
wir haben alle deine Nachrichten gelesen und nichts bereit.
Vielen Dank für deine höfliche Kritk,
wir nehm‘ das mal als Feedback
zur nächsten Probe mit.
Aber jetzt mal Spaß bei Seite,
schickt ruhig weiter euern Dreck,
ob Hassmails oder Morddrohung
wir nehmen alles mit
[…]
ihr könnt uns so viel schreiben,
es ist uns einfach scheißegal.“
Damit haben ZSK ein weiteres Mal eindeutig abgerechnet mit all den Kritikern, die meinen nur sie wüssten was wirklich Punk ist. Ich denke es tut den Jungs auch wirklich gut sich dies einfach ab und an mal von der Seele zu schreien bei so einem nach vorn treibenden Song.
„Nicht allein“ war im Februar bereits der erste Vorbote auf „Feuer & Papier“. Der Song beginnt relativ melancholisch für ZSK-Verhältnisse, mit fast depressivem Text und dazu passender Intonation, um dann doch noch zu einem Kraft gebenden Song zu werden. Zur Bridge hin ändert sich dann auch das Musikalische in eine optimistischere Klangfarbe.
„Für alle die durchhalten,
in ihrer schweren Zeit
und für alle die zweifeln
ihr seid nicht allein!“
Dass der Song „funktioniert“ war der Band schnell klar: „Schon beim Schreiben des Songs, als wir die erste Demoversion gemeinsam hörten, haben wir gespürt – das wird live ein großer Moment. So entstand die Idee, das Musikvideo zum Song bei der Livepremiere des Songs zu drehen. Klar, das hätte absolut schiefgehen können, aber wir sollten recht behalten. Den Moment, als unsere Fans den Song zum allerersten Mal überhaupt gehört haben, werden wir nicht vergessen. Richtige Gänsehaut“, erzählt Sänger Joshi. Und das hat absolut funktioniert. Das Video ist einfach einmalig und man bekommt schon Tränen in den Augen wenn man all die Emotionen in der Menge und auf der Bühne sieht. Ich freue mich schon darauf, diesen Song bald live zu erleben.
Nachdem es nun so emotional wurde, gibt es dann auch wieder voll in die Fresse mit „Leuchtraketen“ die gezündet werden. Dieser Song ist die zuletzt erschienene Single von „Feuer & Papier“. Es ist vielleicht der kämpferischste Track auf dem Album der Berliner Skate-Punks: „Leuchtraketen“ erinnert in Sound und Inhalt an die früheren Alben der Band wie„Herz für die Sache“(2017). Breite Gitarren und aggressive Vocals bestimmen den Song über den Protest auf der Straße und auch die Sirene im Hintergrund der Bridge untermalt noch zusätzlich die Szenerie.
„Wenn die Welt eskaliert, müssen wir miteskalieren – Überall, wo es Ungerechtigkeit gibt, wird es immer Menschen geben, die sich dagegen wehren“, sagt Sänger Joshi über das Selbstverständnis von ZSK, die auch immer wieder bei Protestaktionen und Demonstrationen auftreten. Bei aller Kampfeslust steht aber auch „Leuchtraketen“ im Zeichen der Hoffnung und des Zusammenhalts – „Helikopter ziehen Kreise / Ich steh‘ fest an deiner Seite“.
Zwar ist „Nicht allein“ der offiziell erste Vorbote auf das Album gewesen, doch nimmt man es genau, ist es eigentlich „Jede Hand“, denn dieser Song wurde bereits vor zwei Jahren veröffentlicht. Genau am ersten Todestag von Jina Mahsa Amini. Der Song gehört zu einer Kooperation mit Amnesty International. (Mehr Infos dazu findet ihr hier.)
Und schon sind wir beim letzten Song des Albums angekommen, welcher nun endlich auch mal ein eindeutig politischer Song ist. Ich hoffe dieser Song war bereits ein Ohrwurm bei euch in den vergangenen, heißen Wochen. Die Rede ist hier natürlich von „Sommer ohne Nazis“ featuring Rogers. Musikalisch ist es ein eindeutiges Cover von Rudi Carrell’s „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ (1975) (beziehungsweise das richtig richtige Original ist von Steve Goodman und heißt „City of New Orleans“). Inhaltlich könnten die Songs gar nicht weiter auseinander liegen. Denn statt „Sonnenschein von Juni bis September / Und nicht so nass und so sibirisch wie im letzten Jahr“ wünscht man sich „Parties, als wär’ jeden Tag Silvester / Und ohne AFD im Bundestag“. Musikalisch wurden dem Schlager halt ordentlich Gitarren und Schlagzeug verpasst, wodurch der Song einen richtig schönen Drive erhält und trotzdem noch die gleiche Ohrwurm-Melodie behält.
„Noch nie gab es so viele rechtsextreme Gewalttaten wie jetzt“, erzählt Joshi von ZSK, „und trotzdem möchten wir uns von dem ganzen Hass nicht einschüchtern lassen. Unsere Antwort ist eine Sommerhymne gegen Rechts. Denn was könnte es schöneres geben als einen Sommer ohne Nazis?“ Rogers-Sänger Chri ergänzt: „Der Sommer in Deutschland ballert wieder schön rein! Genau so aber leider auch der Rechtsruck in unserem Land. Wir werden nicht und niemals müde gegen menschenverachtende und hasserfüllte Ideologien zu kämpfen. Denn selbst und gerade bei schönstem Wetter heißt es für immer: Nazis raus – auch aus dem Sommer.“
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Zusammenfassend kann man sagen, dass ZSK mit „Feuer & Papier“ ein echt starkes Album gelungen ist. Zwar mag manch einer die politischen Parolen vermissen, doch werden sich ZSK durch dieses leichte Zurücknehmen nicht untreu. Ihre Meinung steckt weiterhin in jeder Note, es werden bei diesem Album einfach mal andere Themen, die vielleicht auch etwas persönlicher sind, betrachtet. Wer dachte das „Hallo Hoffnung“ bereits das Maximum an neuen Mut machen war, der hat nicht mit „Feuer & Papier“ gerechnet. Ein jeder wird sich wohl in einem der Songs wiederfinden und neue Kraft daraus schöpfen. Wer braucht da schon die abgedroschenen Parolen.
Bereits ab Donnerstag sind ZSK dann gemeinsam mit den Rogers auf großer „Feuer & Papier“-Tour. Und auch um den Nachwuchs kümmert man sich: Auf ihrer Tour spielt die Band in sechs Städten nachmittags eigene Kinderkonzerte. Die sind vollverstärkt und genauso energiegeladen, wie die normalen Shows – nur vielleicht wird die PA ein bisschen leiser gedreht. Nicht nur bekommen die Kids hier Süßigkeiten und Geschenke, auch geben ZSK ihre Botschaften mit und sorgen dafür, dass der inklusive Spirit der Punkrockszene weiterlebt. Das kommt an: Bereits Monate im Voraus sind alle Kinderkonzerte restlos ausverkauft.
Außerdem spielen ZSK im Rahmen der Demonstration „Gegen Rechtsruck und Verdrängung“ diesen Sonntag, den 28. September 2025, ein kostenloses Konzert auf dem Rio-Reiser-Platz in Berlin.