Review: Young Rebel Set – „Sun“ EP

YRS SUN EP Cover
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Albumcover
7.4
Schnapp dir dein Lover – es ist Cabrio-Zeit!

Schnapp dir dein Lover – es ist Cabrio-Zeit!

Mit der Sun“ EP melden sich Young Rebel Set zurück und liefern ihre erste Veröffentlichung seit über zehn Jahren. Die britischen Indie-Pub-Rocker aus Stockton-on-Tees standen 2015 eigentlich am Ende ihrer Karriere. Spätestens mit dem Tod von Sänger und Songwriter Matty Chipchase im Dezember 2019 schien ein Comeback ausgeschlossen. Doch jetzt wagt die Band einen Neustart – mit Tom Blackwell am Mikrofon, dessen raue Wärme Chipchase Respekt erweist, ohne ihn zu imitieren.

Am Freitag, den 05.09., erscheint der bedeutende erste Schritt in Richtung Zukunft. Von den fünf Tracks auf der EP stammen noch zwei Songs aus der Songwriting-Phase zu ihrem letzten Album Crocodile“.

„Sun“ ist nicht nur der Name der EP, sondern auch der Vibe, den der Introsong Anchorage“ transportiert. 2012 geschrieben, passte der Song leider nicht mehr auf Crocodile“ und wurde deshalb live zum Hit bei Fans. Schon damals wusste die Band, dass Anchorage“ auf dem nächsten Release erscheinen sollte. Dass bis dahin 13 Jahre vergehen sollten, hätte damals keiner gedacht. Doch die Band sieht sich nicht als Nostalgieprojekt für den schnellen Kommerz. Young Rebel Set sind auf der Mission, sich erneut mit ihren Fans zu verbinden und ihr Ende neu zu schreiben. Und dazu ist „Anchorage“ die perfekte Single und der perfekte Einstieg, um ein neues Zeitalter für die Band auf der Sun“ EP einzuleiten.

So treibt Anchorage“ von der ersten Sekunde an ein Beat nach vorne. Der Song versprüht sonnige Melodien, einen Supergrass-Vibe, der das Gefühl einer Cabriofahrt durch Sonnenblumenfelder hat.

Gitarrist Andy Parmley sagte im Interview: „Anchorage ist uns immer im Kopf geblieben.“ Diese Last auf den Schultern ist es, die Blackwell im Refrain „The world is on my shoulders, and it’s not about to let go“ besingt. Hier treffen 13 Jahre alte Lyrics auf die neue Stimme der Band.

Apropos Supergrass! Blackwells Stimme klingt der von Chipchase auf dem ersten Album Curse of Love“ ähnlich. Erst beim zweiten Album Crocodile“ unterscheiden sich die beiden Stimmfarben eindeutig. Während bei Chipchase zuvor eine raue Melancholie mitschwang, erweckt Blackwell eher Erinnerungen an die melancholische und trotzdem hoffnungsvolle Stimmfarbe eines Gareth „Gaz“ Michael Coombes von Supergrass.

All das Neue, die Tradition, getragen vom hoffnungsvollen Piano, geben einen starken Einstieg in die EP, der von der nächsten Single-Auskopplung Into the Night“ weitergetragen wird. Schritt für Schritt streift sich die Band auf der EP die alten Muster ab. Auch Into the Night“ ist ein Song, der geschrieben 2012 – eigentlich schon auf ihrem letzten Album erscheinen sollte.

„Open the door, take my hand once more, hold on to the night“ klingt es hoffnungsvoll – als würde Chipchase die Staffel an Blackwell weitergeben. Dabei wankt das Klavier durch die Nacht, sehnsüchtig nach Liebe, doch mit Blick nach vorne. Bei Minute 1:55 findet die Transformation der Band ihren Höhepunkt in Andrew Parmleys Gitarrensolo. Mit diesem Solo löst sich der Song dann zum Ende hin auch auf.

Um dann in „Eleanour, You“ überzugehen. Der Song spiegelt einen bedeutenden Wendepunkt für die Band wider. Denn im kreativen Hiatus war Eleanour, You“ der erste Song, den die Band seit Jahren wieder zusammen geschrieben hat. So entstand 2017 eine Ballade über das Zurückgewinnen einer alten Liebe. Damit betonen Young Rebel Set die Entwicklung in ihrem Sound – dass sie nicht nur Pubs aufmischen-, sondern mit Blackwell auch neue Facetten wie ruhigere Töne aufspielen können. Gegen die anderen starken Songs auf der EP wirkt Eleanour, You“ aber leider wie der schwächste Track. Spätestens ab dem zweiten Refrain dudelt er nur noch belanglos im Hintergrund und schafft es nicht mehr, Aufmerksamkeit zu wecken. Da waren Anchorage“ und Into the Night“ wesentlich besser darin, Gefühl zu transportieren.

Aber nicht so gut wie der darauffolgende Song Waiting“, der meiner Meinung nach der beste Song auf Sun“ ist. Der Song wurde „eine Stunde vor Beginn der Studioaufnahmen geschrieben“ und im One-Take aufgenommen. Damit ist er zwar auch der am einfachsten arrangierte Song der EP, aber kein Song transportiert Leichtigkeit so gut wie Waiting“! Alles beginnt mit einem einfachen Intro aus Gesang und Gitarre. Blackwells Gesang ist leicht, klingt losgelöst und lässt einen ein bisschen in Sublime-Erinnerungen schwelgen. Der Song ist perfekt zum Augen schließen und davontreiben. Er versprüht Sommer-auf-der-Veranda-Vibes, baut langsam sein Arrangement auf – wie Grillenzirpen im Hintergrund – und endet in einem hoffnungsvollen Liebesbrief an die Zukunft.

Und diese Zukunft wird gefeiert mit dem letzten Song der Platte! Ein treibendes Drumset, ein sich anbahnender Synthie und dazu Disco! Mit Danny Blackbruns Anchorage AdultDVD RMX“ schließt sich der Kreis von Sun“. Was anfangs die EP als ein Folk-Rock-Song eröffnet, der mit den vergangenen Tagen abschließt, endet als Indie-Elektro-Remix, der einfach nur ins Tanzbein geht. Meiner Meinung nach ist der Remix sogar besser als die Originalversion. Er ist shakey, hat einen guten Groove und erinnert stark an Soulwax oder !!! (chk chk chk). Zwar hätte die Produktion ein bisschen knackiger sein können, aber dafür, dass die Band Neuland mit dem Remix betritt, ist es definitiv die richtige Richtung.

Fazit:

Der große Knall bleibt aus. Aber die Sun“ EP ist ein Lebenszeichen Richtung Zukunft! Sie schließt mit dem Alten ab und öffnet alle Türen für eine bunte Zukunft, in der sich die Band ausprobieren und neu erfinden kann! Hoffentlich behält Young Rebel Set ihre verspielte Art bei. Für Fans von Folk-Rock/Punk definitiv hörenswert – alle anderen werden trotzdem einen Song für sich finden. Ob mit Anchorages“ Cabrio-Vibe, dem drunkenen „Into the Night“, dem davontreibenden „Waiting“ oder beim Tanzbein-Schütteln von Anchorage´s AdultDVD Remix“ – die Zukunft bringt für jeden was!

Unser Fazit


Sound
6
Inhalt
7
Kreativität
8
Artwork
9
Wiederhörwert
7