Review: Berliner Doom – „Notre Doom“

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Albumcover
7.6
Was am Ende bleibt, ist ein feiner Mix aus Stereo Total meets New Order.

Heute erscheint Berliner Dooms zweites Album – Notre Doom!

Gegründet wurde das Projekt 2018 als Grindcore-Duo von Boris Guschlbauer und Daniel WTO – doch von Grindcore gibt’s bis heute keine Spur!

2023 erschien das erste Album Wer das hört ist Doom mit der Vorgänger Sängerin A.R.M.. Auch dort gabs keinen Grindcore zu finden. Stattdessen, eine geile, raue, billige Produktion, die stark an 70er-Punk erinnerte. Nichts wirklich Aufregendes, aber eine „funny Punk-Pladde“, die mit ihrem Charme funktionierte.

Note Doom reist wieder zurück in die 70er, klingt diesmal aber eher nach Synth-Pop und New Wave. Und dabei wird quasi das ganze Einmaleins der Genres einmal durchgespielt.

Den Einstieg macht die erste Single des Albums „Lamour pour 2 Jours“. Ein treibender Bass leitet den New-Wave-Sound ein, der die Hörer:innen jetzt 20 Minuten lang begleiten wird. Der Bass baut Spannung auf, dazu ein schön newwaviger Synthie und unser Lieblings-Indie-Beat – und schon ist ein Hit fertig. Mit seiner rohen Produktion und dem gebrochenen Französisch erinnert er unweigerlich an Stereo Total.

Doch nicht nur Lamour pour 2 Jours“ weckt Assoziationen an Stereo Total. Die neue Sängerin Claire Roy spielt auf dem ganzen Album mit ihrer Herkunft aus Frankreich und ihrer Wahlheimat Berlin. Besonders in „Mehringdamm“ wird das deutlich: Hier besingt sie hypnotisch das Berliner Schienennetz, das sofort Bilder im Kopf jedes Berliners hervorruft. Es ist gleichzeitig der erste deutsche Song des Albums – die Lyrics sind schlicht, verspielt und haben genau dieses „reim dich oder ich beiß dich“-Feeling, dass man von Stereo Total kennt.

Lost on the Dancefloor“ setzt den treibenden, gefährlichen Bass fort, während die Drums maschinenartig im Vier-Viertel-Takt hämmern. Der Gesang kommt diesmal auf Englisch und wirkt monoton, was den hypnotischen Charakter des Songs nur verstärkt.

Mit „Rennes“, benannt nach Claires Heimatstadt, geht es dafür wieder mehr nach vorne. Ihr kräftiger französischer Gesang klingt trocken-sexy, ähnlich wie man es von Tracks à la Make the Girls Dance – „Baby“ kennt.

Ein atmosphärisches Bass-Riff mit kühlem deutschem Akzent – „verkaufe mir Träume oder Freude – die Queen ist tot“ – leitet direkt in die dritte Single „Wie du heißt“ ein. Es ist eine sehnsüchtige Ballade über verflossene Lieben während des Berliner Sommers, die dieses typische Sommergefühl in der Stadt erstaunlich gut einfängt.

Dann folgt mit „U-Bahn-Crash“ ein taumelnder Bass, der den groove eher stammelt, aber dann in das punkigste Riff der Platte übergeht! Der Track hat etwas von den 5,6,7,8’s – nur eben auf Französisch. Und wie es sich für wasch echte Punks gehört, landet man schließlich bei „Sorry Mum and Dad“. Locker, sarkastisch und mit viel Ironie wird hier das Dasein als ewige Enttäuschung der Eltern besungen.

Danach kommt das Highlight des Albums „Quitter Paris“. Das rhythmische Schlagzeug treibt voran, die Gitarre klingt verspielt und leuchtend, ganz anders als die sonst eher düsteren New-Wave-Sounds der Platte. Als würde sie sich selbst im Spiegel reflektieren, ergänzt von einem gleisenden Synthie. Herauskommt ein hoffnungsvoller Song, perfekt zum verträumten Aus-dem-Zugfenster-Schauen, während man sich durch die Welt treiben lässt.

Der letzte Song „Two Types of Reality“ taucht wieder tief in die düstere Synth-Pop-Stimmung ab. Ein schneidendes Synth-Riff zerteilt die Luft, während sich eine Atmosphäre entfaltet, die an Only Lovers Left Alive erinnert, gepaart mit den hypnotischen Riffs vom Black Rebel Motorcycle Club oder The Black Angels. Mit den Worten „I close my eyes and fly away“ löst sich Notre Doom schließlich akustisch auf.

Berlin Dooms – Notre Doom ist ein feiner Ritt durch das New-Wave-Spektrum. Wer Freund von New Wave, Goth oder Synth-Pop ist, wird hier garantiert fündig. Jeder Song bildet ein Pattern aus dem typischen New-Wave-Spektrum ab, bringt aber durch die verspielte Trilingualität einen eigenen Stil ein, der sich perfekt in den Berliner Alltag integriert. Die Länge der Songs ist genau richtig – wären sie zu kurz, käme keine Spannung auf; wären sie zu lang, würde die Spannung in Langeweile verpuffen.

 

Unser Fazit


Sound
9
Inhalt
8
Kreativität
7
Artwork
6
Wiederhörwert
8