Review: Annisokay droppen das Finale von „Abyss“

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Fotocredit:
Annisokay
9.3
Würdevoller Abstieg in den Abgrund

Review zu „Abyss: The Final Chapter“ von Annisokay

Vor ziemlich genau zwei Jahren begannen Annisokay aus Halle mit „Abyss Pt.1“ (2023) einen EP-Dreiteiler, der nun im „Final Chapter“ (VÖ: 21.11.2025) endet. Der dritte Part beinhaltet dabei die beiden vorangegangen EPs und ergänzt sie im Mittelteil um drei neue Songs. Da wir eine Review des zweiten Teils verpasst haben, werden auch dessen Lieder hier kurz aufgegriffen. Unser Fazit zum ersten Part findet ihr hier: Review: Annisokay veröffentlichen neue EP „Abyss Pt. 1“

Erneut gab es Bewegung im Quartett, das sich seit Gründung 2007 um Sänger sowie Gitarristen Christoph Wieczorek bildet. Im vergangen Jahr quittierte Drummer Nico Vaeen den Dienst und wurde durch Silas Fischer ersetzt. Als erste Single des dritten Teils (und somit der Verknüpfung des Part 1 und 2) wurde „My Effigy“ (zu Deutsch: Mein Bildnis/Abbild) im August veröffentlicht.

Das Besondere? Im Musikvideo sehen Fans Szenen der Live-Premiere des Songs auf dem diesjährigen Wacken und Summer Breeze Festival. Somit wird die Circle-Pit Tauglichkeit des Songs nicht nur musikalisch, sondern auch durch passendes Bildmaterial unter Beweis gestellt. Klang und Struktur sind dabei „Annisokay aus dem Lehrbuch“, zeichnen sich also durch das übliche Strophe (Shouts) – Refrain (Cleans) – Breakdown Schema, das erfrischenderweise durch eine Akustikgitarre zum Ende hin aufgebrochen wird. Lyrisch geht es – den düsteren ersten Songs entsprechend – um Durchhaltevermögen in scheinbar hoffnungslosen Zeiten. Das Lied dürfte sich gut in die Mitte der Setlist der anstehenden Tour durch ganz Europa einfügen und für ordentlich Bewegung sorgen.

My Effigy – Musikvideo

Der einzige vor Release unveröffentlichte Song „Silent Anchor“ zieht den Zuhörer wortwörtlich in die Tiefe. Der langsame Aufbau einer immanenten Dystopie bereitet auf den (weiteren) Abstieg vor. Was einzeln gesehen wie ein „Filler“ wirken mag, reiht sich in den Ablauf des Albums hervorragend ein, indem es auf inhaltliche und klangliche Abwege führt. Die zweite Single „Splinters“ kommt überraschenderweise gänzlich ohne die markanten Shouts von Frontmann Rudi Schwarzer aus und behandelt thematisch die Vergänglichkeit weltlicher Beziehungen. Vom Intro über den Refrain bis zum Ende ziehen sich dabei Synth-Sounds und programmierte Drums, die für Abwechslung sorgen. Der dritte Teil schafft es somit erfolgreich, im Mittelteil eine (thematische und musikalische) Brücke zwischen den vorangegangen EPs zu kreieren.

Splinters – Musikvideo

Natürlich sollen an dieser Stelle auch die Highlights des zweiten Teils „Abyss: Pt.2“ (2025) Erwähnung finden. Die beiden Singles „Get Your Shit Together“ und „Never Enough“ ziehen dabei als Einstieg in Part 2 das Tempo ordentlich an. Wer in richtiger Haudrauf-Stimmung ist, wird sich hier wohlfühlen und auch lyrisch wieder erkennen. Beide Songs bieten perfektes Potenzial live ordentlich auszurasten, um sich von der verkommenen Welt abzulenken. Für ähnlich viel Randale schnappen sich Annisokay als einzigen Feature-Gast Any Given Day und geben euch mit „H.A.T.E.“ den Rest. Hier trifft ein eingängiger Refrain auf Breakdowns vom Allerfeinsten und kanalisiert den inneren (Selbst) Hass. Ein gut gewählter Gast für eine Klimax der Heavyness.

H.A.T.E. – Musikvideo

Das versteckte Highlight der gesamten Platte stellt jedoch das Schlusslicht „Inner Sanctum“ dar – oder viel mehr dessen Zusammenspiel mit dem Intro-Track „Into the Abyss“. Wer hier analog zum Opener ein reines Instrumental Fade-Out erwartet, hat weit gefehlt. Annisokay runden das Album ab, indem sie zum Anfang springen und diesen gekonnt wieder aufgreifen, um ein Epos zu schaffen, das einem einfach nicht aus dem Kopf gehen mag. Wer nicht die Zeit – oder Muse – aufbringen möchte Abyss komplett anzuhören (Spielzeit ca. 55 Minuten), darf sich auf keinen Fall das Zusammenspiel des ersten und letzten Tracks entgehen lassen. Hier wird wahrer Fan-Service betrieben, in dem lyrisch zum Nachdenken und musikalisch zum Mitviben angeregt wird!

Inner Sanctum – Musikvideo

Fazit

Annisokay schaffen es über drei EPs hinweg ein stimmiges Gesamtwerk zu erschaffen, das dennoch kurzweilig wirkt. Obwohl vereinzelte Songs nicht herausstechen, was zugegebenermaßen bei einem 15-Track-Album auch schwierig zu erreichen ist, platzieren sich alle Lieder perfekt in der durchdachten Struktur des nun komplettierten Longplayers. Das Quartett baut hiermit über drei Jahre hinweg einen neuen Meilenstein auf, der treuen Fans noch lange Freude bereiten sollte. Die aktuelle Tour unterstützend zum Abyss-Zyklus darf man demnach nicht missen!

Redaktioneller Hinweis (JM): Die vergebene Punktzahl für „Artwork“ geht nicht in die Gesamtpunktzahl mit ein, da diese nur die musikalische Qualität widerspiegeln soll. Es wird versucht alle Bands/Künstler im Kontext ihrer derzeitigen Größe und Möglichkeiten zu bewerten.

Unser Fazit


Sound
9
Inhalt
10
Kreativität
9
Artwork
10
Wiederhörwert
9