Nazareth & Rock Out im Kubana Siegburg, 4.12.2025

20251204_212259(0)
Fotocredits
Ralph Hauwetter

Es gibt Bands, bei denen man schon vor dem ersten Akkord spürt, dass sie nicht einfach Musik spielen– sondern ein Lebensgefühl. Rock Out gehören genau in diese Kategorie. Was bei den vier Schweizern so schlicht und bodenständig wirkt, brennt in Wahrheit wie ein heißer Motor aus Leidenschaft und Überzeugung. Gitarre einstöpseln, tief durchatmen, auf vier zählen und dann mit Vollgas hinein ins Herz des Rock’n’Roll. Keine Effekthascherei, keine Maskerade. Nur pure Hingabe, Inbrunst und der Duft einer Musik, die schon tausendfach totgesagt und doch niemals zu erschüttern ist. Die Geschichte der Band liest sich wie ein Roman, den man auf dem Rücksitz eines alten Chevy entdeckt. Anfang der 2010er irgendwo in einem Basler Industriequartier – Beton, Neonlicht, kalter Kaffee. Vier Freunde, die mehr Zeit im Proberaum als im eigenen Wohnzimmer verbringen. Schon damals war klar: Diese Typen sind nicht hier, um nach Trends zu schielen. Sie wollten den Rock nicht neu erfinden. Sie wollten ihn fühlen. Was als Hobby begann, wurde rasch zu einer wuchtigen Livekraft. Erst Schweizer Clubs, dann kleine Festivals, schließlich begann der Funken über die Landesgrenzen zu springen. Man sah sie in Deutschland, in Österreich, in Frankreich – immer schweißgetränkt, immer mit dem unbändigen Willen, alles zu geben. 2018 jagten sie als Support-Act durch Europa, und seither scheint der Weg nur eine Richtung zu kennen: vorwärts.

So standen sie auch im Kubana in Siegburg: energiegeladen, selbstbewusst, mit musikalischen Muskeln, die sie nicht verstecken mussten – und mit diesem verschmitzten Grinsen, das sagt: „Wir haben vielleicht nicht die größten Hits, aber definitiv die größten Eier.“  Chapeau, für mich waren Rock Out die Neuentdeckung des Abends.

Als die Lichter zum zweiten Mal erloschen, lag ein Knistern in der Luft, das fast körperlich fühlbar war. Und dann: Jubel. Laut, warm, ehrfürchtig.

Mit Pete Agnew stand erneut jener Mann auf der Bühne, der seit 1968 gemeinsam mit Nazareth das Rückgrat einer ganzen Rockgeneration prägt. Der Bass in seinen Händen wirkt längst wie ein alter Weggefährte, der jede Geschichte kennt.

Der Einstieg in „Razamanaz“ und „Shanghai’D“ traf das Publikum wie ein Donnerschlag. Der Saal bebte, die Gitarren fauchten, die Drums rollten wie Gewitter über Kopfsteinpflaster. Die Stimme des aktuellen Sängers Carl Sentance passte in die alten Songs wie Whiskey in ein gealtertes Fass – rau, warm, charaktervoll.

Die Setlist war eine Reise. Keine gewöhnliche, sondern eine, bei der man unterwegs sämtliche Jahreszahlen vergisst, weil Gefühle ohnehin keine Kalender kennen.

„Dream On“ schwebte wie Nebel über dem Publikum,
„This Flight Tonight“ riss es mit einem irrwitzigen Gitarrensolo aus den Schuhen,
„Hair of the Dog“ machte die Stimmung endgültig unkontrollierbar.

Dann der Augenblick, der die Zeit einfrieren ließ, noch ein Schluck Bier aus der Flasche und danach
„Love Hurts“ – 50 Jahre alt und kein bisschen leise.

Die ersten Töne und plötzlich sang der gesamte Saal, als müsse die ganze Welt daran erinnert werden, dass Schmerz manchmal genau das ist, was uns am Leben hält. Ein Moment, so zart wie ein Flüstern und so groß wie ein Gebirge. Intim. Monumental. Unvergesslich.

Das Kubana zeigte, warum kleine Clubs unersetzlich sind. Der Sound war glasklar und gleichzeitig satt wie ein Gewitterhimmel kurz vor dem Entladen. Man stand Nazareth so nah gegenüber, dass man jede Bewegung, jedes Grinsen, jede Geschichte spüren konnte.

Pete Agnew erzählte Anekdoten aus alten Tagen, als wäre man mit ihm an einer Bar in Glasgow gesessen. Die Band spielte mit einer Spielfreude, die lauter sprach als jedes Mikrofon.

Fazit des Abends

Rock Out lieferten ein Eröffnungsfeuerwerk, das nicht nur wärmte, sondern loderte und immer noch brennt und Nazareth bewiesen einmal mehr, dass wahre Legenden nicht altern,  sondern reifen.

Es war ein Abend, der Erinnerung wurde, noch während er passierte. Ein Abend, der zeigte, dass Rockmusik mehr ist als Klang. Sie ist Gefühl. Sie ist Geschichte. Sie ist hartnäckige, unbeugsame Leidenschaft.

ROCK OUT

 

NAZARETH